tiny leben
von Jürgen Müller-Popken


Wir leben unser gemeinsames Leben seit über 25 Jahren in Projektphasen.
Das ist ein Überbleibsel aus unseren Berufsleben als
Theatermacher.
Wir sind, wenn wir wollen und müssen, kommunikative Menschen.
Das sind sozusagen die gewinnbringenden Eigenschaften aus unseren
"früheren" Berufen.
Wenn wir wollen, sind wir auch freundlich zurückhaltend (wir leben nämlich gerne so "für uns“ wie möglich) allerdings setzen wir unsere Wünsche auch genauso gern mit der nötigen Vehemenz durch.
Mit dieser Mischung fahren wir prima.

Wir können gut zu zweit zusammenleben, ohne andauernd Menschen anzutreffen,
ohne andauernd zu plaudern,
ohne immerzu für gesellschaftliche Anlässe und Anforderungen präsent zu sein.
Wir sind inzwischen sehr zufrieden nicht mehr andauernd gefordert, eingegliedert, angepasst und vernetzt zu sein in zwanghaftem Wettbewerb gesellschaftlicher Norm.

Ursprünglich waren wir beide Theaterleute, bis Insa 2006 eine Diagnose über MS erhielt. Das ist eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems, die nicht heilbar, aber bei stressfreier Lebensführung in ihrem Verlauf verlangsambar ist. Das fanden wir heraus, in dem wir unser interessantes, aufregendes und außerordentlich stressiges Theaterleben von einem Tag auf den andern aufgaben.
Um uns die notwendige Ruhe zu verschaffen, analysierten wir erst einmal die Unruhe: Alles funktioniert zu schnell, zu viel, zu weit, zu groß, zu teuer.

Die Form des Verkleinerns hatten wir vor Insa`s Diagnose schon ausprobiert, indem wir z.B. in Bremen in einem kleinen Ladenlokal ein Wohnzimmertheater etablierten, das tatsächlich auch unsere Wohnung war. Damit hatten wir begonnen, dem Wachstumswahn innerhalb unserer eigenen Berufswelt entgegen zu arbeiten. Nicht mehr, weiter, grösser, schöner, teurer, -
Das war das Projekt:
the most little private

Unser Fazit: Wir müssten uns nur einfach weiter verkleinern, um immer selbständiger und unabhängiger von gesellschaftlicher Norm zu werden.
Verkleinern bedeutet: Entschleunigen, verringern, beruhigen.

Sich zu „verkleinern” muss aber eine ganz und gar bewusste Entscheidung sein.
Wir haben uns jeweils verkleinert, weil wir die allgemeine Sucht, im Wettbewerb immer weiter zu wachsen, mehr und mehr als eine bedrückende Eigenschaft des Menschen erlebten.
Uns schien sie aus überkommenen Überlebensstrategien zu stammen, die die Möglichkeit zur weitestgehend freien Entscheidung noch nicht erkannten. (Diese Möglichkeit wollen wir übrigens nicht überbewerten - wir Menschen haben sie auch zu Lasten anderer schöner Fähigkeiten entwickelt.) Aber da wir diese Möglichkeit nun einmal haben und unsere kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Handlungen daran ausrichten können, können wir ein friedliches Gemeinwohl zu unserer Lebensgrundlage machen.
Dazu gehört auch das Überdenken und Zurücknehmen von Übermäßigkeit.

Wir haben uns also nie in die Armut verringert, wir leben durchaus noch sehr luxuriös. Wir gestatten uns Wünsche und ihre Erfüllung, aber wir beobachten ihre Größenordnungen und ihre Auswirkungen.

Wir begannen weitere positive Erfahrung mit einfachem Leben zu machen:
Wir zogen für vier Jahre in die italienische Schweiz. Dort lebten wir in einem Granitsteinhaus in einem Tessiner Bergdorf, 700m über dem Lago Maggiore. Das Haus war als Ferienhaus deklariert. Das brachte uns in einen gefühlten Konflikt mit den Gesetzmäßigkeiten, und zu einem neuen Lebensmotto:

Gefühlte Zwänge in kreative Herausforderungen verwandeln

Wir haben mit Hilfe von Freunden in Bremen einen Hauptwohnsitz behalten. Ich bin Schweizer Staatsbürger, Insa ist deutsche Staatsbürgerin. So durften wir jeweils je zur Hälfte ganz legal in einem der beiden Länder leben. Und als Ehegatten waren wir im jeweils anderen Land mindestens freundlich geduldet.

Als reiselustige Menschen sind wir außerdem manchmal nach drei Monaten tatsächlich ausgereist. Da wir freiberufliche Theaterleute waren, hatten wir eh immer Projekte "woanders", in
Berlin, in Stuttgart, in Basel, außerdem spielten wir zu der Zeit ein eigenes Theaterstück auf Tournee, mal hier, mal dort. ... so ersetzten wir den gefühlten Zwang in gefühlte Freiwilligkeit. Dies ist, wir wissen das genau, ein psychischer Trick, mit dem wir ein Missgefühl eliminieren. Und das nennen wir Humor.

Als wir in der italienischen Schweiz angekommen waren, stand als erstes ein Crash-Kurs in italienischer Sprache auf dem Plan. Die Leute der Berggemeinde rechneten es uns hoch an, dass wir uns bemühten, mit ihnen möglichst italienisch zu sprechen. Im Dorf krähte kein Hahn nach unserem Status.

Nach Norddeutschland kamen wir zurück, weil das heiße Klima im Tessiner Sommer Insas Gesundheit auf Dauer nicht zuträglich war.

In den folgenden zehn Jahren, die wir in der Seehafenstadt Emden verbrachten, verabschiedetet wir uns weitgehend von unseren Berufen und übten uns darin, weniger zu arbeiten, weniger zu verdienen, günstiger zu leben, ruhiger zu werden und den Status „Berufsleben“ mehr und mehr aufzugeben.

Dann machten wir eine mehrwöchige Reise durch Europa mit einem buntbemalten Miniwohnwagen. Eurotopia.

Projektaufgabe No. 1:
Können wir auf beengtestem Raum alle Umstände, die eine solche Reise mit sich bringt - Witterungseinflüsse, Unfälle, Finanzkrisen, Überschwemmungen und ähnliches - ohne Stress und Streiterei bewältigen.
Projektaufgabe No.2:
Wir besuchen unterwegs mehrere Kommunen, Künstlerkolonien, spirituelle Lebensgemeinschaften und Selbstversorgergruppen und untersuchen, ob uns ein zukünftiges, gemeinsames Leben in einer solchen Gruppierung zusagen würde.

Wir verstanden uns während der gesamten Reise glänzend und fanden heraus, dass wir weder Plenum noch Gruppenzwänge für unser weiteres Leben wünschten.
Stattdessen entwickelte sich eine
3. Projektaufgabe heraus:
Das Aufspüren von Kleinstwohngelegenheiten und die Untersuchung, ob und wie klein wir uns eine Wohneinheit für unser zukünftiges Zusammenleben vorstellen könnten.
Zurück im Norden, begannen wir diesen Plan zu konkretisieren:

Der Tod, das Sterben, Verkleinern und Verringern als närrisches Lebens-Konzept.

Es folgte eine Zeit persönlicher Übergänge. Wir halfen mehreren uns lieben Menschen, aus dem Leben zu gehen. Einige davon begleiteten wir bei dem gesellschaftlich schwierigen Unterfangen, dies aus eigenem Willen zu tun. Das war die Zeit, in der wir unsere Auseinandersetzung mit der unsäglich verqueren, gesellschaftlich stigmatisierten Tabuisierung des Sterbens und des Todes zu leben begannen.
Für Insa ist das Thema “sterben wie und wann” eine lebensbegleitende Thematik. Schon sehr früh war sie Mitglied des Deutschen Sterbehilfe-Vereins. Mich hat das Thema ebenso lebenslang begleitet als eines der großen, ungelösten Themen einer Gesellschaft, die Leben dauernd verlängert und es dabei flieht. Der Tod war vielleicht das bestimmende Thema meiner theatralen Forschungsreise.

Unsere Lebensphilosophie des bewussten Narrentums wurde in dieser Zeit bedeutend gestärkt.

Was verstehen wir unter „närrischem Leben“?

Wenn Du beginnst auszuscheren aus den gesellschaftlichen Normen, wirst Du belächelt, beglückwünscht, verdammt, gerügt, beneidet und bewundert. Jedenfalls ändert sich die Sicht Deiner Mitmenschen rapide. Es ist gut zu wissen, ob du das willst, ob du das mit in deinen Plan integriert hattest, ob du das aushalten kannst, willst.

Nun, wir waren Theaterleute und für uns war der Transfer in andere Personagen und Lebenssituationen nichts Neues und auch nichts Ungewohntes. Im Grunde begannen wir mit dem sukzessiven Ausstieg aus den Normen zugleich mit dem Ausstieg aus unseren Berufen. Wir nannten uns bald „freiberufliche Berufslose“ und begannen unser neues Leben zu inszenieren.

Wir zelebrierten unsere wachsende Heiterkeit entgegen den Widrigkeiten des Lebens. Wir machten den Tod zu unserem Gedankengefährten und befreiten das Leben von Zwängen. Wir zogen die Zeit in die Länge. Wir entwickelten unsere Sprachlosigkeit gegenüber dem unbändigen Wirtschaftswachstumswahn und vergnügten uns mit
Freiwilligkeiten.

Wir verdienten je länger je weniger Geld, bis wir mit grösster Absicht in der Erwerbslosigkeit gelandet waren. Damit einher ging selbstverständlich die Berufslosigkeit. Wir erkannten unser Potential, unsere Träume willentlich wahr werden zu lassen und im Verkleinern den Luxus von grösserer Unabhängigkeit aufzuspüren.
Wir trieben auch das Paradox gleichzeitigen Mangels bei grosser Fülle voran. Wir – setzten uns genussvoll ab! Diese Inszenierung als bewusster Akt der Selbstkonftrontation nennen wir Narrentum.

Wir haben an einem kleinen See mit finanzieller Hilfe meines Vaters aus einer Vorerbschaft ein kleines Holzferienhaus gekauft. Das nannten wir PINTO BLU. Eigentlich hatten wir damit unser Wohnziel erreicht.
Nachdem wir nun also das Ferienhaus hatten, schauten wir quer über den See und sagten uns: Wenn da auf dem gegenüber liegenden Grundstück einer ein Haus hinbaut, ist diese Aussicht über die Länge des Sees futsch. Also haben wir dieses zweite Grundstück gekauft und erschlossen. Dieses Mal mit Hilfe von Insas Eltern.

Dann kam der eigentliche "Plan": Insa wollte doch als Kind den Beruf "Peter Lustig" erlernen. Dann war dafürjetzt der richtige Augenblick.
Wir fragten den Besitzer der "Grossflur", auf der dieses Ferienhausgebiet liegt, ob es IHN stören würde, wenn wir da einen wunderschönen Oberlicht-Zirkuswagen hinstellen würden?

Im Gegenteil, er kaufte sich gleich auch einen. Den stellte er auf dem Grundstück neben uns auf. Seiner ist "nur" Ferienwohnung. Unserer würde Lebensmittelpunkt sein. Jetzt stehen da zwei Wagen. Beide fest angeschlossen an Wasser und Strom.
Unser Lebensmittelpunkt ist nun bald im 8. Jahr das
ZIRKUSHOME MüPopien.
In der Gemeinde weiß man halbwegs, wer wir sind.
Wir haben hier schon mehrere
sozialkünstlerische Projekte eingebracht und - natürlich haben wir auch einn Hauptwohnsitz in unmittelbarer Nähe.

Wir leben da, wo andere Urlaub machen.

Apropos: PINTO BLU, Das Ferienhaus vermieteten wir bis Frühjahr 19. Dann brannten Urlaubs-Gäste es ab. Der Schaden war total, unser Schrecken hielt sich in Grenzen. Das Haus musste komplett abreißen werden, das Inventar war weitgehend zerstört.

Wieder eine Lehre im Dezimieren.
Wieder ein neuer Plan, denn die Versicherung bezahlte uns den Bau eines neuen Hauses. Wieder mal ein Neuanfang.
Hier kamen übrigens die 2 ½ Jahre Hochbauzeichnen, die ich in meiner Jugend - meinen Eltern zu liebe - absolviert hatte, bevor ich nach Paris an die Theaterschule ging, voll zum Tragen.
Hatte ich doch weder damit rechnen können noch wollen, mit 70 Jahren nochmal Pläne für ein Haus zu zeichnen und eine Bauleitung zu machen.

Das neue Haus haben wir aus Erfahrung heraus noch etwas praktischer, durch leichte Änderungen im Schnitt zwar nicht wirklich grösser, aber luftiger gestaltet. Im Hinblick auf die Möglichkeit, dass wir es irgendwann doch ganz für uns nutzen können sollten, weitgehend barrierefrei. Uns gefällt die Idee, das neue Häuschen nicht mehr nur Kleinfamilien als Urlaubsdomizil anbieten zu können, sondern auch Menschen, die darauf angewiesen sind, dass man durch alle Türen einen Rollstuhl durchschieben kann. Dass ein Haus ebenerdig und ohne Schwellen einfach zu betreten ist.

PINTO ROSSO wird uns nun wieder helfen, durch die Mieteinnahmen die es uns während der Urlaubszeit bescheren wird, ganzjährig für unseren eigenen Lebensunterhalt aufzukommen. Ich beziehe, endlich auch offiziell berufsfrei, eine Mindestrente und Insa - als berufsunfähig eingestuft - bezieht ebenfalls zwei kleine Renten.

Damit haben wir ein wesentliches Ziel erreicht, vielleicht das wesentlichste Ziel unseres Lebens:

Wir leben in Unabhängigkeit von gesellschaftlich verordnetem Verdienstzwang, von Einkommenszwang. Und damit haben wir uns so weitgehend wie möglich und auf Dauer aus den Zeitzwängen der gesellschaftlichen Norm entfernt. Ein Privileg.
Mittlerweile haben wir für uns die oben postulierte Entschleunigung weitestgehend erreicht. Natürlich gibt es auch für uns noch Ladenschlusszeiten und Öffnungszeiten von Arztpraxen usf. Aber diese Anpassung an von uns ja selbstgewählten Inanspruchnahmen von gesellschaftlichen Institutionen ist nur noch ein Geringes von dem, was wir früher an unfreiwilligen Anpassungen zu leisten hatten.

Diese zwei Renten und das kleine Vermietungsgeschäft statten uns mittlerweile mit einem Einkommen in Höhe eines „
BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMENS“ aus. Wir sind in der herrlichen Situation, für Geld nicht mehr zu arbeiten, niemandem mehr Rechenschaft über unser Tun zu schulden. Wir können endlich ohne Zwänge uns im Rahmen unserer Kräfte selbst akquirierten, sozialen Aufgaben widmen, ohne in ein gesellschaftliches Gehaltskorsett gezwängt zu sein.
Wir tun, was wir können und wir können, was wir tun, aus freiem Willen. Diesem Lebensmotto folgen wir nun ganz in Ruhe.

Das Wagenleben hält uns kreativ in Schwung, auch das Rentnerleben, kurz das Leben jener, die sich von den Gängeleien des marktwirtschaftlichen Systems so frei wie möglich gemacht haben. Wir haben uns ein kleines Paradies geschaffen, wir nennen es „Freie Republik MüPopien“.

Unser Wagen hat erst im 5. Wagenlebenjahr seinen endgültigen Namen bekommen:
Mit CIRCONVENTO haben wir einen Kreis geschlossen:
CIRCO von Kreis. CON VENTO mit Wind. Wind ist uns das LEBEN. CONVENTO ist in unserer geliebten italienischen Sprache KLOSTER. - Der KREISSCHLUSS DES EIGENEN zirzensisch-närrischen KLOSTERS im WIND DES LEBENS. Casa Convento hiess das Haus, das mein Vater in Mergoscia, den Tessiner Bergen Granitstein für Granitstein aufgebaut hatte, während 20 Jahren, Jahr für Jahr.

Die „klösterliche Abgeschiedenheit“ hier im Norden - vor allem im Winter - schätzen wir auch sehr, da wir schon seit vielen Jahren
VIPASSANA praktizieren (Insa regelmässiger und als eine große Hilfe im Umgang mit ihrer Erkrankung und ich in der Weise wissenschaftlich, wie ich schon meinen Beruf als Theatermacher seit jeher als Wissenschaft betrachtet hatte, die menschliche Natur besser verstehen zu lernen).
So sind wir auch dazu übergegangen hier jedes Jahr, anstatt zu einem Retreat des zehntägigen Schweigens in ein Meditationszentrum zu reisen, wo wir dann mit 120 Mit-Meditierern 10 Stunden täglich sitzen und die Achtsamkeit auf uns selbst lenken, diese 10-Tage-Retreats zu zweit hier bei uns abzuhalten. So wachsen all unsere Tätigkeiten und Aktivitäten hier mehr und mehr zusammen.

CIRCONVENTO PINTO ROSSO FREIE REPUBLIK MÜPOPIEN.

Es gibt hier immer etwas zu tun in der freien Republik MüPopien, nützliches wie Unnützes, wir sind sehr bedacht darauf, zwischen den Beiden die Waage zu halten. Man kann immer etwas verbessern, man kann immer jemandem helfen.
Im Wagen gilt es, kleine kupferne Regenrinnen dort anzubringen, wo Schwitzwasser herunterläuft, eine neue Rohrleitungsheizung zu bauen, kleine Dächer über den Fenstern anzubringen, damit die Stürme das Regenwasser nicht von oben durch die Ritzen presst. Katzenhäuser an- und Katzenklappen einzubauen.
Eine Tessiner Kapellenglocke erst in der Wildwiese aufzuhängen, um dann ein Pumpenhäuschen zu bauen und die Glocke dorthin umzusiedeln. Fliegengittertüren zu bauen, die Beine der hölzernen Giraffe aus Ghana einzugraben, neue Wagen-Eingangstreppen zu bauen, Blumen und Gemüse auf dem Grundstück anzupflanzen. Aus Pflanzen und Pilzen eigene Schmerzmittel zu extrahieren,
Feuerläufe durchzuführen, Flüchtlingen beim Erreichen des Asylstatus und beim Finden von Jobs zu helfen, Familien mit krebskranken Kindern einzuladen, ein neues Haus zu planen, ein altes Holzruderboot abzuschleifen, Baumwollpflanzen zu züchten, zu schreiben und zu musizieren und vor allem lange Gespräche zu führen über Leben und Tod.

Vor allem, uns gegenseitig bei heiterer Laune und unsere Liebe füreinander wach zu halten.

Im Winter sind wir fast alleine in der Flur am See. Herrlich. Dann kommen hierher nur wenig Urlauber. Dann ziehen wir schon mal mit zwei Kisten voller Klamotten, Gitarre und Katze eine Weile aus dem Wagen rüber ins Haus, das nennen wir dann „Urlaub mit Holzofen“.
Sollte das alles irgendwann nicht mehr funktionieren, - sind wir immer bereit, eins weiterzuziehen, denn Nomaden im Bewusstsein sind wir schon immer.

Etwas Wagemut, kommunikativen Integrationswillen ohne sich in seinen Ansichten zu verbiegen, ehrliche Ansage und kreative Phantasie - damit kann man viel erreichen.

Die weltweite
Coronakrise 2020 änderte für uns weder etwas an unserem Lebensstil noch an unseren Einstellungen zu Leben und Gesellschaft. Wir verfolgten weder Todesfallzahlen noch “wissenschaftliche” und “politische” Schlagabtäusche. Wir verstrickten uns nicht in “Verschwörungen”. Unser Verhältnis zum Tod und zum Sterben ist geklärt.
Wir sind gar vorbereitet darauf, uns bei Bedarf beim Sterben selbst zu helfen, denn wir erfahren in der gesellschaftlichen Diskussion über “Sterben, Sterbenlassen, Sterbenwollen, beim Sterben-helfen” noch keinen weitreichenden Klärungswillen.
Wir sind nicht aus gesellschaftlichen Gründen mitleidig noch wehmütig, wir klagen nicht über Verluste und quälen uns nicht mit schlechtem Gewissen. Wir meinen nicht etwas im Leben versäumt zu haben, noch trauern wir um unserer selbst Willen.
Wir trauern nicht für andere, denn jedes Trauern ist jedes einzelnen eigene Lebenseinstellung. Wir versuchen selbst so gut es geht, nicht gegen natürliche Prozesse zu leben. Wir sind keine Freunde der Lebensverlängerung um jeden Preis. Wir machen keine eigentlichen Unterschiede in der Sicht auf das Sterben von reichen, armen, talentierten, machtbesessenen, politisch korrekten, uns nahestehenden und uns unbekannten Menschen. Auch nicht zwischen dem Sterben von Kindern und alten Menschen. Allerdings tolerieren wir im Geiste keinerlei gewaltsames Zutodebringen von Menschen an Menschen. In keinem Falle. das Einsehen mit dem Tod rechtfertigt uns niemals das Töten. Wenn aber das Lebenverlängern zu einem qualvollen Leben wird, das von Menschen gefördert und hingenommen wird gegen den Willen von Sterbewilligen, akzeptieren wir auch das nicht. Mit dieser Haltung stehen wir recht gelassen in jeder Krise.

Wir sehen im Hintergrund der Ängste und Befürchtungen in dieser Krise ganz andere, unbewältigte, gesellschaftliche Problematiken. Rücken jene grundsätzlichen Themen nicht in den Vordergrund, bleiben alle Planungen gegen Viren, Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände, die unsere Erde mit und ohne unsere Beihilfe heimsuchen, gewinnorientierte, technokratische Versuche der Abwehr von an sich natürlichen Prozessen. Unsere Sichtweise: Wir Menschen sind dazu übergegangen, uns gegen die Natur zu wenden, ohne unsere Eigene zu achten. Wie soll da ein gesundes Gemeinwohl entstehen? Ein menschenwürdiges Gemeinwohl ist weder Gottes Wille noch mit irgend einem Gott zu verwirklichen. Menschen müssen sich selbst erkennen in ihrem Potential und dann planen, was sie tatsächlich gemeinsam leben wollen.

Wir haben uns ein stilles, unaufgeregtes und sparsames Leben aufgebaut.
Ein Leben voller Luxus ...